Sonntagsblick 19.8.2001

Polizeigewalt in Genua: Deiss will es wissen

Bern/Genua (I) - Bundesrat Joseph Deiss hat im italienischen Aussenministerium wegen der Misshandlung am Rande des G8-Gipfels in Genua interveniert.

Via Schweizer Botschaft in Rom hat er von Italien verlangt, "dass fehlbare Beamte eruiert und zur Rechenschaft gezogen werden".

Das bekräftigte Aussenminister Deiss in einem Brief von Mitte Woche an die SP Schweiz, der SonntagsBlick vorliegt. Nach den Zusammenstössen am Gipfel in Genua Ende Juli hatte die SP von Deiss eine Demarche bei der italienischen Regierung verlangt.

Zudem holte das Aussenministerium laut Deiss von betroffenen Schweizern Schilderungen der Vorfälle während der Polizeihaft ein. Auch diese Berichte wurden dem italienischen Aussenministerium übergeben. Mit der Aufforderung nach näherer Auskunft, wie Deiss der SP schreibt.

SP-Generalsekretär Reto Gamma ist halbwegs zufrieden: "Endlich sagt Deiss öffentlich, dass die Schweiz sich nicht alles bieten lässt. Aber die Schweiz müsste viel offensiver von der Regierung Berlusconi die Abklärung der schwerwiegenden Vorfälle verlangen."

Misshandelte Schweizer Demonstranten greifen zur Selbsthilfe.
Letzte Woche sprachen Fabienne Bodmer (21) und Nathan Lüthy (22) beim italienischen Generalkonsulat in Zürich vor. "Als ersten Schritt haben wir gegen die vom Innenministerium verfügte, unrechtmässige Ausweisung und die fünfjährige Einresesperre Rekurs erhoben", erklärt Massimo Pastore, der italienische Anwalt der beiden Zürcher. Er erwäge auch, Klage gegen die Polizei einzureichen, weil das Paar bei der blutigen Razzia in der Schule Armando Diaz wie sechzig andere G8-Gegner verletzt wurde. Vier Tage waren die beiden Schweizer in Haft, dann wurden sie ausgeschafft. Der Anwalt: "Sowohl die Verhaftung wie auch die Ausweisung waren widerrechtlich. Es gibt überhaupt keine Elemente, die den Schluss zulassen, die jungen Schweizer seien in Gewaltaktionen verwickelt gewesen."
Deshalb habe der Untersuchungsrichter ja auch die Haft aufgehoben. "Bodmer und Lüthy haben lediglich an den Demonstrationen teilgenommen und sich keiner Straftat schuldig gemacht.

Henry Habegger, Pierre A. Graenicher