Bluewinnews 20. 08. 2001

Sans Papiers: Kirche droht mit Polizeieinsatz

[TA/ap] - Der Druck auf die 84 Papierlosen in der Pfarrei St. Paul in Freiburg ist erhöht worden, nachdem sie das Ultimatum zum Abzug ignorierten. Der Pfarreirat will in Absprache mit dem Bischof nur noch fünf Personen im Kirchenasyl dulden. Die Papierlosen könnten bis zum Dienstagmittag einwilligen, sonst werde geräumt.

Die Papierlosen kündigten am Montagmorgen vor den Medien an, die Aktion werde fortgesetzt. Die Aktivisten waren bereits am Sonntag im Hinblick auf einen möglichen Polizeieinsatz von den Räumen der Pfarrei in die Kirche St. Paul umgezogen. Pfarrer Olivier Humbert bat die Behörden, nicht mit Polizeigewalt einzugreifen. Der zuständige Oberamtmann Nicolas Deiss, Bruder von Bundesrat Joseph Deiss, erklärte, er werde sich allein auf den Entscheid des Pfarreirats stützen.

Der Pfarreirat beschloss am Nachmittag in Absprache mit dem Bischof von Genf, Lausanne und Freiburg, Bernard Genoud, eine symbolische Fortsetzung der Aktion bis zum 17. September, dem ersten Tag der Herbstsession der Eidgenössischen Räte, zu dulden. Fünf Personen dürften in der Kirche bleiben, aber die Räumlichkeiten der Pfarrei nicht mehr benutzen, wie Pfarreiratspräsident Etienne Gruber bekannt gab. Die Papierlosen könnten bis zum Dienstagmittag einwilligen, sonst werde geräumt.

Die Betroffenen reagierten vorerst nicht auf das neue Ultimatum. Sie fordern vom Bundesrat eine kollektive Regelung für alle Papierlosen, bessere Arbeitsbedingungen für sämtliche Angestellte sowie die Gleichbehandlung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Eine Petition «Für die rechtliche Regularisierung des Kollektivs der Papierlosen von Freiburg» wurde am Montag mit 12'158 Unterschriften bei der Staatskanzlei eingereicht. Sie machen geltend, dass die Schweiz 200'000 bis 300'000 Papierlose als Reservoir von billigen, flexiblen und nach Belieben ausbeutbaren Arbeitskräften toleriere. Diese arbeiteten, zahlten Steuern und trügen zum Aufschwung des Landes bei, hätten aber keine Rechte.

Solidaritätsaktionen mit dem gleichen Ziel finden seit dem vergangenen Freitag im Volkshaus in La Chaux-de-Fonds (NE) und seit bald 120 Tagen in der protestantischen Kirche Bellevaux in Lausanne (VD) statt.