Bluewin News  21. 01. 2002
 

Metzlers Polizei im Gegenwind

[TA/ap] - Bundesrätin Ruth Metzler wünscht sich eine zivile zivile Eingreiftruppe auf Bundesebene.
Kantone und Parteien halten wenig von der neuen Bundespolizei. Die SVP lehnt das Vorhaben
rundweg ab, wie Parteipräsident Ueli Maurer «Radio DRS» sagte. «Das Sicherheitsbedürfnis des
Bundes muss mit kantonalen Kräften gedeckt werden, wofür diese entschädigt werden sollen»,
sagte auch SP-Generalsekretär Reto Gamma.

Die SVP lehnt das Vorhaben rundweg ab, wie Parteipräsident Ueli Maurer «Radio DRS» sagte. «Das
Sicherheitsbedürfnis des Bundes muss mit kantonalen Kräften gedeckt werden, wofür diese entschädigt
werden sollen», sagte auch SP-Generalsekretär Reto Gamma.

FDP-Präsident Gerold Bührer räumt dem Projekt kaum Chancen ein. CVP-Präsident Philippe Stähelin
äussert sich zwar nicht direkt gegen das Vorhaben der CVP-Bundesrätin. Bei der Schaffung von Polizei
sei aber Zurückhaltung geboten, hielt er fest.

Die Kantone halten ebenfalls wenig von einer Bundespolizei. «Einsätze wie das Weltwirtschaftsforum in
Davos stehen nicht permanent an», sagte Andreas Kollreuter, Polizeidirektor von Basel-Land. Die
Polizisten müssten auch in der Zwischenzeit beschäftigt werden und seien deshalb bei den Kantonen
besser aufgehoben.

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Die Armee besetzt Polizeiterrain

[TA] - Der Armee-Einsatz für den Botschaftsschutz gibt dem Parlament Gelegenheit, sich in den
Clinch um die geplante Sicherheitstruppe des Bundes einzuschalten.

Von Bruno Vanoni, Bern

In Interviews und Vorträgen ist Bundesrätin Ruth Metzler in den letzten Tagen in die Offensive gegangen:
Sie hat für ein ziviles Sicherheitsdetachement auf Bundesebene plädiert, um namentlich die
völkerrechtliche Verpflichtung zum Schutz von Botschaften und Konferenzen künftig ohne Rückgriff auf
kantonale Polizeikorps und militärische Kräfte wahrnehmen zu können.

Metzler will Armee zurückdrängen

Im Reformprojekt Usis, das ihr Departement gemeinsam mit den kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren
vorantreibt, ist eine solche Polizeitruppe des Bundes als Variante vorgesehen. Gemäss dem letzten
Usis-Bericht soll sie rekrutiert werden aus dem Grenzwachtkorps und professionellen Teilen der Armee,
namentlich aus dem Festungswachtkorps (FWK). Sie soll Metzlers Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)
unterstellt werden und erlauben, "den heute zu schnell erforderlichen Einsatz der Armee zu Gunsten der
zivilen Polizeikräfte auf ein rechtsstaatlich vertretbares Mass zu reduzieren".

Entscheide sind freilich noch keine Gefallen, zumal die Kantone klar für eine andere Lösung eintreten:
Sie wollen, dass der Bund zusätzliche kantonale Polizeikräfte mitfinanziert, die er dann bei Bedarf
abrufen kann. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) haben laut ihrem
Sekretär Beat Hegg aber nichts dagegen, dass bis kommenden Herbst nicht nur ihre, sondern auch
Metzlers Lieblingsvariante weiterverfolgt und detailliert wird.

Schmid beharrt auf Armeeauftrag

Beim Militär im Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) hingegen haben
Metzlers Bekenntnisse zu einem zivilen Sicherheitsdepartement grosse Verunsicherung, Ängste und
Widerstände ausgelöst. So benutzte Oberst Herbert Bernauer vom Festungswachtkorps diese Woche
den jährlichen VBS-Kaderrapport, um sich von Bundesrat Samuel Schmid öffentlich beruhigen zu lassen.
"Das Festungswachtkorps ist ein ausserordentlich wertvoller Teil der Armee", versicherte der
Verteidigungsminister vor Hunderten seiner Kaderleute. "Ich kann darauf nicht verzichten."

Beruhigend fügte Schmid hinzu, dass für die Realisierung mancher Usis-Vorschläge viel Zeit und sogar
Verfassungsänderungen nötig wären. Und in der Zwischenzeit habe die Armee ihren Verfassungsauftrag
weiter zu erfüllen und die zivilen Behörden mit subsidiären Sicherungseinsätzen zu unterstützen, wann
immer die zivilen Polizeimittel ausgeschöpft seien und militärische Verstärkung angefordert werde.

Den besorgten Hinweis auf Metzlers Bestreben, die Schwelle für solche Armee-Einsätze zu erhöhen,
wischte Bundesrat Schmid mit der Bemerkung beiseite: "Machen Sie die Sache nicht zu theoretisch."

Die Einsatzschwelle könne nicht generell festgelegt werden, da die Lage von Ort zu Ort unterschiedlich,
von Fall zu Fall neu zu beurteilen sei. Auf jeden Fall werde es "immer wieder Spitzen geben, bei denen
die Armee zur Verfügung zu stehen hat".

Neben 500 Berufssoldaten vom Festungswachtkorps und WK-Soldaten steht der Armee nunmehr eine
neue Kategorie von Milizsoldaten zur Verfügung: die Durchdiener, die ihre Dienstpflicht an einem Stück
erfüllen. Dass sie für den Botschaftsschutz geradezu prädestiniert sind, hat der laufende Einsatz der
allerersten Durchdiener-Kompanie bestätigt. Denn Durchdiener-Kompanien müssen einerseits nicht wie
WK-Verbände schon nach zwei, drei Wochen wieder abgelöst werden. Andrerseits werden alle vier
Monate neue Durchdiener einsatzbereit, sodass immer wieder für Ablösungen in der monotonen
Bewachungsarbeit gesorgt ist.

Für Polizisten wenig attraktiv

Bei einer zivilen Polizeitruppe, die nur für den Botschaftsschutz bestimmt ist, wird die Monotonie hingegen
zum Problem. Dies hat die Berner Stadtpolizei erfahren, die seit zweieinhalb Jahren spezielle
Botschaftsschützer mit verkürzter Polizeiausbildung einsetzt und dafür vom Bund jährlich 2,55 Millionen
Franken erhält. Wegen der eintönigen Arbeit ist es rasch zu Wechseln zur richtigen Polizei oder auch in
private Sicherheitsdienste gekommen. Seit letztem Dezember wird den Botschaftsschützern deshalb
Abwechslung geboten. Laut ihrem Chef Dieter Schärer werden sie gemäss neuem Konzept nun auch im
Bereich der Verkehrspolizei eingesetzt.